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                                    © KOHLER 2023HANS KOHLER AG, Claridenstrasse 20, Postfach, CH-8022 Zürich, Telefon 044 207 11 11, Fax 044 207 11 10 123Korrosionsbeständige Edelstähle4.1.6 Kriech- oder Zeitstandversuche (EN 10291)Das Kriechen ist ein thermisch aktivierter Vorgang, der zum Bruch führen kann. Man versteht darunter ein Fliessen, d.h. eine plastische Verformung des Materials, bei Spannungen unterhalb der Streck-/Dehngrenze. Die Kriechgeschwindigkeit ist von der äusseren Spannung, der Temperatur und der Zeit abhängig, d.h. die Kriechgeschwindigkeit ist zeitlich nicht konstant. Der Standzeitversuch dient der Ermittlung des Werkstoffverhaltens bei einer ruhenden Beanspruchung unterhalb der Fliessgrenze und bei einer Temperatur, bei der die Beanspruchungsdauer einen wesentlichen Einfluss auf die Festigkeit hat. Das Ziel des Versuchs ist die Ermittlung der Dauerstandfestigkeit.Da Kriechversuche zeitlich sehr aufwendig sind, werden sie nur in Spezialfällen, z.B. für Hochtemperatur-Werkstoffe für Turbinenschaufeln durchgeführt.Dauerstandfestigkeit [N/mm2]Die Dauerstandfestigkeit ist die grösste Spannung bei einer bestimmten Temperatur, unter der ein anfängliches Kriechen zum Stillstand kommt und bei deren Überschreitung die Probe bricht. Da dieser Wert leider nicht festzustellen ist, ermittelt man die Zeitstandfestigkeit.Zeitstandfestigkeit [N/mm2]Darunter wird die Spannung verstanden, die bei einer bestimmten Temperatur nach einer bestimmten Belastungszeit (103 ... 106 h) zum Bruch führt. Dieser Versuch dient hauptsächlich der Ermittlung des Werkstoffverhaltens bei ruhender (statischer) Beanspruchung bei hohen Temperaturen. Die Angaben von Zeit und Temperatur sind unerlässlich.Zeitbruchdehnung Au [%]Sie gibt die bleibende Dehnung nach dem Bruch der Probe an und wird in % ausgedrückt.Zeitbrucheinschnürung Zu [%]Quotient aus der Querschnittabnahme an der Bruchstelle und dem Anfangsquerschnitt. Die Angabe erfolgt in %.Zeit(stand)kriechgrenze [N/mm2]Die Zeitkriechgrenze oder Zeitdehngrenze ist die ruhende Spannung, die bei einer bestimmten Temperatur nach einer bestimmten Belastungszeit zu einem bestimmten Kriechbetrag führt. Die Angaben von Zeit und Temperatur sind unerlässlich.4.1.7 spezielle VersucheNeben diesen generellen mechanischen Prüfverfahren existieren noch eine Menge weiterer mechanischer Prüfmethoden, die oft stark mit der beabsichtigten Verarbeitung des Materials gekoppelt und in den entsprechenden Normen im Detail aufgeführt sind. Als Beispiele seien hier noch folgende Prüfverfahren genannt:AufweitversuchIn diesem Test wird das Rohrende mit einem konischen Dorn aufgeweitet und geprüft, wie stark sich das Rohr aufweiten lässt ohne einzureissen.AufschweissbiegeversuchIn diesem Verfahren wird die Verformbarkeit (Duktilität) einer Schweissnaht geprüft. Dabei wird ein Blech mit einer aufgebrachten Schweissnaht so weit gebogen, bis die Schweissnaht anzureissen beginnt.TiefziehversuchBei diesem Versuch wird eine Kugel mit einem Durchmesser von ca. 2 cm in ein Blech gedrückt bis der aufgewölbte Teil des Bleches Fliessmarken oder Risse aufweist.4.1.8 BearbeitungsversucheIn diesen Versuchen werden die optimalen Bearbeitungsparameter (Schnittgeschwindigkeit, Vorschub, Schnittwinkel etc.) für die verschiedenen Bearbeitungsmethoden (Fräsen, Bohren, Drehen, Schleifen, Erodieren, Schweissen etc.) bestimmt. Detailliertere Informationen für die verschiedenen Werkstoffe sind auf Anfrage oder bei Ihrem Werkzeuglieferanten erhältlich.4.2 Physikalische PrüfungenDie physikalischen Eigenschaften (elektrische Leitfähigkeit, Wärmeausdehnung, magnetische Permeabilität etc.) werden mit den entsprechenden physikalischen Verfahren geprüft, auf die hier nicht näher eingegangen wird.4.3 Chemische PrüfungenDie chemischen Prüfungen dienen zur Feststellung derchemischen Zusammensetzung eines Stahls und allfälliger Verunreinigungen sowie zur Prüfung der Beständigkeit gegen aggressive Medien.4.3.1 SpektralanalyseDie Spektralanalyse ist heute das schnellste und rationellste Verfahren zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung einer Legierung.Bei diesem Verfahren wird zwischen dem Prüfobjekt und einer Elektrode ein kurzer Lichtbogen gezündet. Die verdampfenden Legierungsbestandteile beeinflussen die Strahlung des Lichtbogens, da jedes Element eine besondere Lichtfarbe erzeugt. Die Intensität ist von deren Gehalt abhängig. Das entstehende Licht wird über einen Lichtleiter auf einen optischen Analysator geleitet und so das Spektrum (Farbverteilung) bestimmt. Aus der Spektralverteilung kann auf die im Prüfobjekt enthaltenen Legierungselemente geschlossen werden. Mit hochmodernen Laborgeräten können bis zu 64 Elemente gleichzeitig bestimmt werden. Durch Vergleich mit den im Kontrollcomputer gespeicherten Normspektren kann auch die Werkstoffbezeichnung bestimmt werden.4.3.2 chemische AnalysenChemische Analysen werden heute nur noch in Ausnahmefällen gemacht, da sie jeweils nur ein Element umfassen und aufwendig sind. Am häufigsten werden sie noch angewendet für Elemente, die mit der Spektralanalyse nicht erfasst werden können wie z.B. C, Si, Mn, P, S sowie für die Gase O2, H2 und N2. Moderne Spektralanalysengeräte sind jedoch immer mehr in der Lage, auch diese Elemente zu erfassen.Spezielle chemische Schnelltests dienen häufig dazu, das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein eines bestimmten Elementes festzustellen, z.B. Molybdän zur schnellen Unterscheidung von V2A und V4A-Stählen.4.3.3 KorrosionstestsZu den Korrosionstests gehören die Kochtests nach Huey oder Strauss, Salzsprüh-, Wassernebel-, Spaltkorrosions- und Spannungsrisskorrosionstests sowie evtl. Prüfung der interkristallinen Korrosion. Diese Labortests dienen dazu, die 
                                
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