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                                    © KOHLER 2023HANS KOHLER AG, Claridenstrasse 20, Postfach, CH-8022 Zürich, Telefon 044 207 11 11, Fax 044 207 11 10 125korrosionsbeständigen Stähle zur Kaltumformung. Der jeweils zulässige Verformungsgrad ist jedoch höheren werkstoffspezifisch, ebenso die resultierende Kaltverfestigung.Diese ist bei austenitischen Stählen sehr ausgeprägt. Bei sehr starker Verformung muss daher zwischen den einzelnen Verformungsstufen ein Zwischenglühen bei ca. 1000°C eingeschaltet werden. Nach abgeschlossener Umformung sollte ein Glühen bei 1050°C und ein Abschrecken in Wasser erfolgen. Dadurch werden die durch die Kaltverformung erzeugten Eigenschaftsänderungen abgebaut und die normalen Werkstoffeigenschaften wieder hergestellt. In vielen Fällen ist jedoch eine Kaltverfestigung erwünscht, z.B. bei federharten Drähten und Bändern. Eine extreme Erhöhung der Festigkeit kann jedoch die Korrosionsbeständigkeit beeinträchtigen und den Stahl schwach magnetisch machen. Falls nötig können diese Effekte durch ein Lösungsglühen rückgängig gemacht werden. Beim Biegen von Edelstählen muss berücksichtigt werden, dass diese stärker zurückfedern als C-Stähle.Bei ferritischen Edelstählen wird das Kaltumformen durchihre Kerbempfindlichkeit erschwert. Ein Erwärmen auf ca. 100–200°C verbessert die Verformbarkeit wesentlich.Bei martensitischen Stählen hat eine Kaltumformung vor dem Härten zu erfolgen.5.3 Spanabhebende Bearbeitung5.3.1 Zerspanungseigenschaften korrosionsbeständiger StähleAufgrund ihrer unterschiedlichen Materialeigenschaften weisen die korrosionsbeständigen Edelstähle andere Bearbeitungseigenschaften auf als normale C-Stähle. Generell kann gesagt werden, dass die Bearbeitung mit zunehmendem Legierungsgehalt schwieriger wird, d.h. für jede Legierungsgruppe müssen deshalb unterschiedliche Bearbeitungsdaten gewählt werden. Die speziellen Eigenschaften der Edelstähle beeinflussen alle vier Bearbeitungsfaktoren wie Schnittkraft, Werkzeugverschleiss, Spanform und Oberflächenfinish.Folgende spezielle Eigenschaften der korrosionsbeständigen Stähle, v.a. der austenitischen, müssen bei ihrer Bearbeitung berücksichtig werden:– ausgeprägte Tendenz zur Kaltverfestigung: Bei Folgeschnitten trifft das Werkzeug eine deutlich härtere Oberfläche als beim ersten Schnitt, was zu einer Erhöhung der Schnittkraft führt. Dies kann bei der Feinbearbeitung wegen der geringen Schnitttiefe zu Problemen führen.– niedrige Wärmeleitfähigkeit: Dieser Umstand führt zu einer höheren Wärmebelastung der Werkzeugschneide.– hohe Zähigkeit: Die erforderlichen höheren Schnittkräfte führen zu einer zusätzlichen Wärmebelastung der Werkzeuge.– Schmieren, Fressen: Hochlegierte Stähle neigen zur Bildung von Aufbauschneiden, die zu einer schlechten Oberflächenqualität sowie zu einer zusätzlichen Beanspruchung der Schneidkante führen.– schlechte Spanbrucheigenschaften führen zur Bildung von langen, lockenartigen Spänen, die sich nur schwer vom Werkzeug entfernen lassen und ein unbeaufsichtigtes Laufenlassen der Maschine verunmöglichen (s. a. Kap. 5.3.3).5.3.2 allgemeine BearbeitungsgrundsätzeBei der Bearbeitung von korrosionsbeständigen Stählen sind folgende Grundsätze zu beachten:– Zur Vermeidung von Vibrationen (Rattern) dürfen nur starr gebaute Maschinen eingesetzt werden mit einer bis zu 50% Leistung als für die Bearbeitung von C-Stahl nötig wäre.– Werkzeuge und Werkstück müssen fest eingespannt sein. – Werkzeuge sollen möglichst kurz eingespannt und frühzeitig geschärft oder ersetzt werden.– Da korrosionsbeständige Stähle eine geringere Wärmeleitfähigkeit aufweisen als C-Stähle, muss für eine genügende Kühlung mit einem geeigneten Kühlmittel gesorgt werden. Andernfalls sind Überhitzungsschäden sowohl am Werkzeug wie auch am Werkstück unvermeidlich.– Korrosionsbeständige Stähle neigen beim Bearbeiten zum Aufhärten. Die Schnitttiefe ist deshalb so zu wählen, dass die aufgehärtete Schicht des vorangehenden Schnittes sicher entfernt wird.– Unterbrochene Schnitte sollten soweit möglich vermieden werden, da sie zu einer zusätzlichen Kaltverfestigung führen.– Für optimale Schneid- und Kühlmittel können Lieferanten oder Hersteller Auskunft geben.5.3.3 ZerspanbarkeitFerritische StähleDiese neigen bisweilen zum Schmieren und es kann deshalb vorteilhaft sein, ihre Festigkeit auf etwa 200 HB zu erhöhen.Martensitische StähleSie weisen ähnliche Verarbeitungsdaten auf wie normale Baustähle gleicher Festigkeit. Die spanabhebende Bearbeitung erfolgt meistens in ungehärtetem Zustand.Konventionell hergestellte austenitische StähleSie weisen als Folge ihrer hohen Zähigkeit und ihrem hohen Ni-Gehalt eine ausgeprägte Neigung zu Kaltverschweissungen und zur Kaltverfestigung auf. Da sie zudem zur Bildung von langen, lockenartigen Spänen neigen, ist ihre spanabhebende Bearbeitung deutlich schwieriger als bei niedriglegierten Stählen. Zur Verhinderung von Aufbauschneiden und zur Reduktion der Kaltverfestigung wird mit geringeren Schnittgeschwindigkeiten und höherem Vorschub gearbeitet. Eine ausreichende Kühlung ist dabei sehr wichtig.AutomatenstähleWie bereits erwähnt, sind austenitische korrosionsbeständige Stähle wegen ihres hohen Legierungsgehaltes, v.a. an Ni, schwieriger zu zerspanen als normale C-Stähle. Analog zu den niedrig legierten Automatenstählen wird deshalb den korrosionsbeständigen Automatenstählen S (bis zu 0.35%) zulegiert. Dieser bildet harte und spröde Mangansulfide, die als Spanbrecher wirken, so dass nur kurze Späne entstehen, wie dies bei Bearbeitungsautomaten gewünscht wird. DieseStähle werden deshalb vorwiegend im Décolletagebereich eingesetzt. Durch den Schwefel werden jedoch andereEigenschaften negativ beeinflusst, wie:– Automatenstähle sind nicht schweissbar– Sprödbruchgefahr bei der Kaltumformung– Verminderung der Korrosionsbeständigkeit– Automatenstähle (auch ohne erhöhten Schwefelgehalt s. Kapitel 5.3.4.) sind schwierig zu polieren und können nicht elektropoliert werden.5.3.4 korrosionsbeständige Stähle mit verbesserterZerspanbarkeit ohne erhöhten SchwefelgehaltDie oben erwähnten Nachteile schwefellegierter Automatenstähle führten zur Entwicklung von korrosionsbeständigen Stählen ohne erhöhten Schwefelgehalt (z.B. PRODEC- oder Korrosionsbeständige Edelstähle
                                
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