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                                    © KOHLER 2023HANS KOHLER AG, Claridenstrasse 20, Postfach, CH-8022 Zürich, Telefon 044 207 11 11, Fax 044 207 11 10 121Korrosionsbeständige EdelstähleStreckgrenze Re / Dehngrenze Rp [N/mm2]Beide Werte geben die beim Übergang von der elastischen zur plastischen Verformung gemessene Spannung an, d.h. beim Überschreiten dieser Spannung setzt eine bleibende Verformung ein. Diese Spannung wird auch Fliessgrenze genannt. Bei Druckspannungen ist auch der Begriff «Quetschspannung» gebräuchlich. Zum bleibenden Verformen eines Metalls (Biegen, Tiefziehen, Stauchen etc.) muss immer seine Fliessgrenze überschritten werden. Das Fliessen ist immer von einer Kaltverfestigung des Materials begleitet.Die Streckgrenze Re wird bei nicht- oder niedriglegierten Stählen an der Stelle im Spannungs-Dehnungsdiagramm bestimmt, an der bei zunehmender Dehnung die Zugspannung zum ersten Mal gleich bleibt oder abfällt(s. S. 116, rechtes Diagramm).Bei höher legierten Stählen wie den korrosionsbeständigen Stählen ist dieser Übergang nicht so deutlich ausgeprägt. Die Dehngrenze Rp wird deshalb bei einer bestimmten, nichtproportionalen Dehnung festgelegt, die vermerkt werden muss (s. S. 102, linkes Diagramm).Rp0.2 plastische Dehnung 0.2%übliche BerechnungsgrundlageRp0.01 plastische Dehnung 0.01%technische ElastizitätsgrenzeRp1.0 plastische Dehnung 1.0%wird häufig für austenitische Stähle verwendetZugfestigkeit Rm [N/mm2]Die Zugfestigkeit ist die Spannung, die sich aus der auf den Anfangsquerschnitt bezogenen Höchstzugkraft ergibt.Bruchdehnung A [%]Die Bruchdehnung ist ein Mass für die Dehnfähigkeit (Duktilität) eines Werkstoffes. Die Zugprobe wird hierbei bis zum Bruch gezogen. Die Bruchdehnung ist definiert als Quotient aus der bleibenden Verlängerung beim Bruch bezogen auf die Ausgangslänge. Je nach Produktform und Prüfnorm kommen unterschiedliche Zugproben zum Einsatz. In Europa werden im Regelfall Proportionalproben mit einer Messlänge L0 = 5,65 √S0(S0 = Probenquerschnitt) verwendet. Bei dünnen Blechen (Dicke t < 3 mm) sind nichtproportionale Proben mit einer Messlänge von 80 mm (A80 mm) zu verwenden. US-Amerikanische Normen wie ASTM A370 schreiben eine Messlänge von 2 inch (50 mm) vor (A50 mm). Elastische Konstanten E, G, K, µIm elastischen (linearen) Bereich des Spannungs-Dehnungsdiagrammes gilt das Hook’sche Gesetz s = E × e. Dieses besagt, dass im elastischen Bereich die Dehnung e proportional zur angelegten Spannung s ist. Die entsprechende Proportionalitätskonstante heisst Elastizitätsmodul E oder kurz E-Modul. Der E-Modul ist ein Mass für den Widerstand, den ein Werkstoff seiner elastischen Verlängerung entgegensetzt. Bei korrosionsbeständigen austenitischen Stählen liegt der Wert für den E-Modul bei ca. 200 kN/mm2.Das Hook’sche Gesetz gilt auch bei Schub- und Druckbelastung innerhalb des elastischen Bereiches. Die entsprechenden Proportionalitätsfaktoren sind der Schubmodul G und der Kompressionsmodul K. G und K sind ein Mass für den Widerstand, den ein Werkstoff einer elastischen Abgleitung oder einer elastischen hydrostatischen Volumenänderung entgegensetzt.Die 3 elastischen Konstanten sind über folgende Beziehungen miteinander verknüpft:E = 2G (1+µ)E = 3K (1– 2µ)µ wird als Querkontraktionszahl oder Poisson-Konstante bezeichnet. Für Edelstähle liegt µ im Bereich von 0.3.Die im Zugversuch ermittelten Materialkennwerte können direkt zur Berechnung von Konstruktionen verwendet werden, während die im folgenden aufgeführten Kennwerte v.a. für den Vergleich verschiedener Werkstoffe dienen.Brucheinschnürung Z [%]Der gebrochene Zugstab zeigt in der Bruchebene eine mehr oder weniger starke Einschnürung (Querschnittsverringerung), je nach dem ob die Probe eher zäh oder spröde gebrochen ist. Die Brucheinschnürung Z ist gleich der Differenz aus Anfangsund Bruchquerschnitt dividiert durch den Anfangsquerschnitt. Sie ist ein Mass für die Formänderungsfähigkeit des Materials.Bruchzähigkeit K1c [MNm-3/2]Die Bruchzähigkeit gibt Aufschluss über den Widerstand eines Werkstoffes gegen die Ausbreitung eines im Werkstoff vorhandenen Risses oder dem Einfluss von sogenannten Ungänzen (Kerben, Nuten, Bohrungen, Materialinhomogenitäten) auf das Bruchverhalten. Je niedriger die Bruchzähigkeit, desto leichter kann sich ein vorhandener Riss vergrössern. Die Bruchzähigkeit wird an speziellen, angerissenen Proben in einem speziellen, computergesteuerten Zugversuch ermittelt. Da der Versuch aufwendig ist, sind Bruchzähigkeitswerte nur in beschränktem Umfang erhältlich.4.1.2 Abschätzung der verschiedenen FestigkeitenFür die grobe Abschätzung der verschiedenen Festigkeitswerte können folgende Gleichungen verwendet werden:Zugfestigkeit Rm [N/mm2] = 3.4 × Brinellhärte HBStreckgrenze Re [N/mm2] = 0.8 × Zugfestigkeit RmErmüdungsfestigkeit [N/mm2] = 0.6 × Zugfestigkeit RmTorsionsfestigkeit [N/mm2] = 0.3 × Zugfestigkeit Rm4.1.3 HärteprüfungHärte bezeichnet den Widerstand eines Materials gegen das Eindringen eines noch härteren Körpers. Zur Bestimmung der Härte wird ein harter Prüfkörper mit einer definierten Kraft in die Probenoberfläche gedrückt und der resultierende Eindruck ausgemessen. Mit Hilfe entsprechender Tabellen kann aus der Grösse des Eindrucks die Härte der Probe bestimmt werden. Bei modernen Geräten erfolgt diese Umrechnungmittels Computer. Im Stahlbereich sind folgende vier genormten Härtemessverfahren gebräuchlich:Verfahren Bezeichnung Eindringkörper NormBrinell HB gehärtete Stahlkugel EN ISO 6506-1Vickers HV Diamantpyramide EN ISO 6507-1Rockwell B HRB gehärtete Stahlkugel EN ISO 6508-1Rockwell C HRC Diamantkegel EN ISO 6508-1Bei der Härteangabe ist auf die korrekte Angabe von Belastung und Prüfkörperabmessungen gemäss der entsprechenden Norm zu achten, da die Werte sonst nicht mitanderen vergleichbar sind. Eine Vergleichs- oder Umrechnungstabelle für die verschiedenen Härtewerte findet sich in Kapitel 7.
                                
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