Vom Nachwuchs-Portier über Legosteinmodelle zum Marktführer – ein Blick zurück auf über 100 Jahre Firmengeschichte
Unternehmen
Blick auf über 100 Jahre Firmengeschichte
Verwaltungsratspräsident / Inhaber
Im Gespräch mit Hans R. Kohler, Inhaber HANS KOHLER AG
Was als Einmannbetrieb vor rund 100 Jahren mit dem Import von Werkzeugstahl und dem Verkauf von metallischen Werkstoffen auf eigene Rechnung begann, entwickelte sich im Laufe der Jahre zum führenden Schweizer Edelstahlhandelsunternehmen. Nach seinem Ingenieurstudium übernahm Hans R. Kohler, der Enkel des gleichnamigen Gründers, das Familienunternehmen von seinem Vater. Nach fast 40 Jahren an der Spitze des Unternehmens übergab der heutige Inhaber im Jahr 2023 den «Stahlstab» an Marco Borter, dem neuen Geschäftsführer der HANS KOHLER AG. Ein Rückblick auf eine bewegte Familiengeschichte.
Ein Blick zu den Anfängen der HANS KOHLER AG
Die Lokomotive hält im Bahnhof Zürich mit einem letzten Zischen, Dampf steigt auf, eine Glocke klingelt. «Alli uustiege bitte, mini Dame und Herre! Alli ustiege bitte!» Der Kondukteur in der stolzen, dunklen Uniform springt mit einem kurzen Satz auf den Bahnsteig. Die Sommerhitze drückt auf die Köpfe der herumströmenden Passagiere, die Luft über den Zugdächern flimmert. Männer und Frauen in gepflegten Sommergewändern entsteigen den Waggons erster Klasse und bewegen sich in Richtung Ausgang. Wir schreiben den 26. August 1932.
Ein Mann mit Hut und leichtem Mantel tritt aus dem Strom der Zugreisenden hervor. Er schreitet durch die Bahnhofshalle und hinaus auf den Gehsteig in Richtung Tramstation. Die Stadt ist noch geprägt von den jüngsten Unruhen in den Strassen, es herrscht eine schwierige Wirtschaftslage. Die Schlagzeilen an den Auslagen der Zeitungsverkäufer sprechen von der wachsenden Krise, aktuelle Meldungen aus Europa und den Vereinigten Staaten zeugen von der misslichen Stimmung.
Der Mann mit dem Hut wendet den Blick vom Zeitungsstand ab und beschleunigt seine Schritte, um die wartende Strassenbahn zu erreichen. Er springt auf die Stahlsprossen, betritt den Wagen und setzt sich auf einen freien Platz. Gerade zurückgekehrt aus Schweden, den ersten Vertrag mit dem Stahlwerk Uddeholm in der Tasche, lehnt er sich in seinem Sitz zurück. Er nimmt den Hut ab, Schweissperlen tropfen von seiner Stirn. Hans P. Kohler freut sich auf Daheim, er stellt sich vor, seinen Sohn Hans Erich Junior wiederzusehen und träumt von einem Glas mit kühler Limonade. Er lächelt zufrieden, während sich sein Blick in den vorbeiziehenden Strassenzügen verliert.
So oder ähnlich könnte sich die Szene damals zugetragen haben. Die Erfolgsgeschichte von KOHLER beginnt bereits 1918, vor rund 100 Jahren. Grossvater Hans P. Kohler war Werksingenieur beim Stahlwerk Gerlafingen in den von Roll'schen Eisenwerken. Kurz vor Beginn des ersten Weltkrieges zügelte die Familie nach Zürich und er wurde Geschäftsführer der Maschinenfabrik Seebach. Schon damals hegte er den Wunsch, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Nach dem Krieg war es dann soweit: Er machte sich selbstständig.
Zunächst verkaufte er Werkzeugstahl und andere metallische Werkstoffe auf eigene Rechnung, es folgte der Eintrag ins Handelsregister als Einzelunternehmen und erst viele Jahre später die Gründung der Aktiengesellschaft HANS KOHLER AG. Leider verstarb der Grossvater kurze Zeit nach fertigstellung der ersten Lagerhalle beim Bahnhof Schlieren. Der Vater vom heutigen Inhaber hat bereits einige Jahre vorher die Leitung übernommen. Sein Sohn, der ebenfalls den Namen Hans R. Kohler trägt und die Firma ab 1985 leitete, erinnert sich: «Schon vor der Primarschule ging ich am Samstag oder Sonntag mit dem Vater die Firmenpost holen. Ich durfte jeweils die Post öffnen, damals, in den 1960er Jahren gab es sogar am Sonntag noch neue Post im Postfach. Mit der Zeit interessierte mich, was in den Briefen stand – allerdings konnte ich zu dieser Zeit noch nicht lesen, was mich ein wenig ärgerte (lacht). Vielleicht ist das der wahre Grund, warum ich es lernte! (lacht stärker). Als ich dann etwas älter war, habe ich einen Fahrkartenschalter im Eingangsbüro aufgebaut, um von den vorbeikommenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Vaters Wegzoll zu verlangen. Geschäftssinn hatte ich also schon als kleiner Junge (schmunzelt).»
Die Vision aus Legosteinen
Anfang der 1970er-Jahre traf die Erdölkrise die gesamte Schweizer Wirtschaft und somit auch die HANS KOHLER AG. In dieser Zeit wurde der Bau einer neuen Lagerhalle geplant. Der Sohn baute zur Veranschaulichung für seinen Vater die neue Halle mit Legosteinen nach. «Ich habe damals für meinen Vater eine Lagerhalle aus Legosteinen errichtet, ca. 80x80 cm, Massstab 1:100, damit er sich die Raumeinteilung und die Grössenverhältnisse besser vorstellen konnte.» Schliesslich wurde das Bauvorhaben aufgrund der wirtschaftlichen Aussichten vorerst verworfen. Fünf Jahre später wurde in Schlieren dann doch ein neues Hochregallager gebaut, das erste INOX-Hochregallager nördlich der Alpen – echte Pionierarbeit. Die erste 1945 errichtete Halle in Schlieren steht heute noch inklusive des kleinen Vorderhauses an der Zufahrtsstrasse.
Die Ära Hans Kohler – Herausforderungen und Wendepunkte
1985 übernahm schliesslich der heutige Inhaber Hans Kohler die Firma. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Unternehmen zu einem Innovationsmotor der Branche. Geschickte strategische Entscheidungen und die kontinuierliche Anpassung an den Markt ermöglichten es , die Position des Unternehmens zu festigen. Die Leitung der Firma war mit diversen Herausforderungen verbunden, die der ambitionierte Hans R. Kohler mit grossem Einsatz und Willenskraft in Angriff nahm. Von der Vielzahl an Herausforderungen werden im folgenden Teil nur einige erwähnt:
1991 – Konzentration auf INOX
Eine der bedeutendsten Veränderungen fand im Bereich der Werkzeugmaschinen statt. Hans beschloss 1991, die Abteilung mit der Abteilung Fertigungstechnik der Firma Pestalozzi &Co AG zusammenzulegen , und so entstand die neue gemeinsame Tochterfirma «KOPEMA Kohler-Pestalozzi-Maschinen». In kurzer Zeit entwickelte sich das Unternehmen zu einem bedeutenden Händler von Werkzeugmaschinen. Leider wurde die Firma 1994 nach der negativen Abstimmung über den EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) und dem damit verbundenen Einbruch in der Industrie geschlossen. Die soziale Verantwortung als Unternehmer war für Hans Kohler immer ein wichtiger Eckpfeiler für seine Entscheidungen. So konnte ein Teil der Mitarbeitenden nach der Schliessung der KOPEMA ihre Anstellung mit einer neuen Tätigkeiten bei der HANS KOHLER AG weiterführen. Ein anderer Teil der Mitarbeitenden hat sich mit Hilfe von Hans Kohler selbständig gemacht. Nur ein Mitarbeiter musste sich eine neue Anstellung suchen womit Hans Kohler sein soziales Verantwortungsbewusstsein unterstrich und eine Entlassung von fast 20 Mitarbeitenden verhinderte.
Die schrittweise Einstellung des Handels von Elektroblechen, Massenstahl und feuerfesten Materialien für Industrieofen und Speichersteinen stellte einen zentralen Wendepunkt dar. Die Firma KOHLER konzentrierte sich ab Mitte der 90er Jahre fortan ausschliesslich auf Edelstahl. Diese Fokussierung auf INOX hält bereits über 30 Jahren an. «Ich habe die Faszination für Edelstahl nie verloren. Edelstahl ist eine glänzende Schönheit von zeitloser Beständigkeit. Er altert kaum, behält auch nach Gebrauch seine Anmut und stellt einen bleibenden Wert dar. Die Vielseitigkeit des Materials ermöglicht schier unendliche Kreativität, die nie verblasst. In der Welt von INOX interagiert man mit Menschen und Organisationen unterschiedlicher Art und Grösse: Industrie, Konzerne, KMU, Verwaltungen, öffentliche Hand. Es ist diese Magie, die in der Begegnung mit dem Werkstoff und seinen vielfältigen Anwendern liegt», erklärt Hans R. Kohler seine Liebe zum Werkstoff.
2015 – Währungskrise als Chance
Die schwierigste Herausforderung folgte jedoch wesentlich später mit der Währungskrise 2015, die für den Geschäftsmann Hans R. Kohler eine schwierige Hürde darstellte. «Mit dem Wegfall der Stützmassnahmen durch die Nationalbank und der daraus entstehenden CHF-EURO-Krise verschärften sich die wirtschaftlichen Herausforderungen zumal damals gerade der grosse Ausbau des neuen Lagers anstand. Dank unserer konservativen Investitions- und Abschreibungspolitik hatten wir nur geringen Bedarf an Fremdkapital. Das hat uns vor hohen Rückzahlungen und Zinskosten in wirtschaftlich schwierigen Phasen geschützt», erinnert sich Hans. So hat die HANS KOHLER AG in wirtschaftlich guten Jahren überproportional investiert, während in schwierigen Jahren die Aufmerksamkeit hauptsächlich der Kostenkontrolle galt.
Über die Vielzahl an Jahren an der Spitze der HANS KOHLER AG musste Hans R. Kohler viele Entscheidungen treffen, die auch schwierig waren. Dies führte teilweise zu Konflikten. Hans betont jedoch, dass ihm sein gutes Bauchgefühl immer zur Seite stand: «Ich verlasse mich auf meine Intuition, oft habe ich es bereut, wenn ich nicht danach gehandelt habe. Bei grossen Entscheidungen habe ich gerne am Schluss nochmal darüber geschlafen, wenn ich um ein Fazit gerungen habe. Wenn am Morgen Kopf, Herz und Bauch «synchron» waren, wusste ich, dass der Weg stimmte», erklärt Hans.
2021 – Marco Borter betritt die Bühne
Im Jahr 2021 kam es schliesslich zu einem strategischen Kurswechsel mit Veränderungen im Management. «Zwei wesentliche Faktoren prägten diese Phase: Marco Borter übernahm nach 3 Jahren als Verkaufsleiter ab 2021 die Rolle des COO und gab mir damit den Raum und die Zeit, mich aus manchen Verantwortungsbereichen zurückzuziehen. Diese schrittweise Übergabe ermöglichten es Marco, in die Prozesse und Verantwortlichkeiten hineinzuwachsen, während ich mich Schritt für Schritt aus dem operativen Geschäft zurückziehen konnte. Seit Anfang 2023 ist Marco nun als CEO tätig.»
Was bringt die Zukunft?
«Ich wünsche mir, dass es der Firma weiterhin gut geht, sie sich weiterentwickeln und entfalten kann. Und ich wünsche mir für mich persönlich, dass ich die Dinge, die ich in meinem Leben zurückstellen musste – wie Reisen und Erlebnisse – nun vermehrt angehen kann. In einem Satz: Ich wünsche mir, dass die Firma und ich noch lange gesund bleiben.»
Die wichtigsten Meilensteine
1945: Erste eigene Lagerhalle am Bahnhof Schlieren
1946: Umfirmierung in eine Aktiengesellschaft
1978: Erstes Hochregallager für Edelstahl nördlich der Alpen
1985: Übernahme der Leitung der Firma durch den heutigen Inhaber Hans Kohler
1989: Gründung der Zweigniederlassung Basel
1990: Gründung KOPEMA AG
1994: Die Konzentration auf Edelstahl
1996: Übernahme der Stadelmann GmbH (Voralberg)
2007: Kauf des Grundstücks
2009 bis 2019: Bau vom Lager Giessen Dietikon (Gizela)
2020/2021: 100 Jahre HANS KOHLER AG
2022: Nachfolgeregelung mit Marco Borter
2023: Kauf Dynaflex Steel AG
2024: Ablösung der herkömmlichen ERP-Lösung und Lancierung des neuen Kundenportals
KOHLER: Glanz, Vertrauen und Effizienz im Edelstahlhandel
Erfahren Sie mehr über die Positionierung von KOHLER, das umfangreiche Sortiment und die Verpflichtung zu Qualität und Effizienz im Edelstahlhandel.
Sinnstiftende Partnerschaften: KOHLER fördert Sport, Innovation und Wissenschaft
KOHLER legt grossen Wert darauf, bedeutsame Aktivitäten zu fördern und sich in einem engagierten Netzwerk als aktive Playerin zu positionieren.
HANS KOHLER AG - Ihre Nr. 1 für Edelstahl
Die HANS KOHLER AG ist eine eigenständige, unabhängige Handelsunternehmung mit Sitz in Zürich.